Sanierung und Restrukturierung: Kommunikation schafft Vertrauen
Corona-Lockdown und kein Ende – bislang haben die Maßnahmen der Regierungen in Bund und Ländern zwar einen Anstieg der Insolvenzen verhindert, aber viele Experten rechnen in den nächsten Monaten mit einer Insolvenzwelle. Insbesondere in stark betroffenen Branchen wie dem Handel, der Gastronomie, der Veranstaltungs- und Tourismusindustrie, der Reisebranche oder der von einem tiefgreifenden Strukturwandel betroffenen Automobilindustrie drohen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.
Tritt Insolvenz ein, geht es darum, die wirtschaftlich beste Lösung für alle Beteiligten zu finden sowie das Unternehmen möglichst neu auszurichten und Arbeitsplätze zu erhalten. Die Insolvenz in Eigenverwaltung ist zum Beispiel eine moderne Sanierungsmöglichkeit, bei der das Management das operative Geschäft weiterführt. Begleitet und überwacht wird das Verfahren von einem (vorläufigen) Sachwalter, der die Gläubigerinteressen vertritt.
Einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg eines solchen Sanierungsverfahrens leistet immer auch eine einheitliche und fortlaufende kommunikative Begleitung.
Sanierungsprozesse brauchen Vertrauen
Eine offene Kommunikation schafft Vertrauen bei allen direkt und indirekt betroffenen Stakeholder-Gruppen. Und Vertrauen ist ein Faktor, der für ein Unternehmen im Sanierungsprozess wesentlich ist: Denn schließlich benötigt das Management für die anstehenden Entscheidungen, Handlungen und Auswirkungen die Akzeptanz und häufig auch Unterstützung der Beteiligten. Nur so lassen sich Lieferketten erhalten, die Mitarbeiter und Führungskräfte für eine Neuausrichtung und Restrukturierung gewinnen, die Liquidität sichern sowie die Reputation der Firma schützen.
Experten an die Seite holen
Für alle Betroffenen ist eine Insolvenz eine sensible Situation und ein komplexer Prozess, der in der Kommunikation Fingerspitzengefühl erfordert. Es hat sich in vielen Fällen bewährt, wenn sich das Management neben Sanierungsexperten, Juristen, Finanzfachleuten und Steuerberatern auch erfahrene Kommunikationsprofis als Partner mit an Bord holt.
Zentrale Gruppen identifizieren
Bevor es an Entscheidungen und Umsetzungen geht, sind die relevanten Anspruchs- und Einflussgruppen zu identifizieren und zu bewerten. Also: Wer ist von der Restrukturierung direkt betroffen und wer bringt sich möglicherweise proaktiv in den Prozess ein? Wer vertritt welche Interessen? Welche Vernetzungen bestehen untereinander?
Einige zentrale Gruppen im Verfahren:
- Belegschaft und ggf. Arbeitnehmervertretungen
- Gläubiger
- Banken und andere Finanzierer
- Kunden und Lieferanten
- Potenzielle Investoren
- Netzwerkpartner, Politik, Verbände
- Fach- und Lokalmedien
Für einen besseren Überblick empfiehlt es sich hier, eine sogenannte Stakeholder-Map anzufertigen. Auch eine entsprechende Kommunikationsstrategie, die interne und externe Zielgruppen gleichermaßen berücksichtigt, sollte erstellt werden. Beides kann helfen, im richtigen Moment, die richtigen Botschaften und Informationen über die passenden Kanäle an die entsprechenden Zielgruppen zu senden.
Stets von innen nach außen kommunizieren
Nichts ist zum Beispiel schlimmer für die Belegschaft, als aus den Medien zu erfahren, dass ihr Unternehmen in einer Krise steckt. Gerade in der internen Kommunikation sind Ehrlichkeit, Transparenz und Empathie die wesentlichen Faktoren, um Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Reputation nicht zu verlieren. In regelmäßigen Abständen sollte die Belegschaft daher über aktuelle Entwicklungen im Verfahren auf dem Laufenden gehalten werden. Außerdem gilt es, Möglichkeiten des Austausches zu schaffen und vorhandene Kanäle des Unternehmens möglichst übergreifend zu nutzen. Ganz wichtig: Die Mitarbeiterkommunikation muss absolut bodenständig sein – keine „Berater-Sprüche“, kein Um-den-heißen-Brei-Reden, keine leeren Versprechungen machen oder falsche Erwartungen wecken.
Interne und externe Kommunikation abstimmen
Was für die interne Kommunikation in Bezug auf Ehrlichkeit und Transparenz gilt, gilt ebenso für die externe. Mit Aufrichtigkeit bei allen Beteiligten Vertrauen für die Sanierung zu schaffen, ist die Devise. Und letztlich müssen interne und externe Kommunikation auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sein: Die Belegschaft erfährt alle wichtigen Informationen immer direkt vom Arbeitgeber, nicht erst aus den Medien – und es sind stets dieselben Informationen.
Die Kommunikatoren müssen das Verfahren laufend für die wesentlichen Stakeholder einordnen, aufziehende „Shitstorms“ oder gezielt gestreute Falschinformationen frühzeitig erkennen und kommunikative Gegenmaßnahmen einleiten. Eine gute Kommunikation ist für die Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit in der Restrukturierungsphase und auch für einen erfolgreichen Neustart von essenzieller Bedeutung. Ohne professionelle Kommunikation kann die aussichtsreichste Sanierung scheitern.
Benötigen Sie Unterstützung in Ihrem Sanierungsprozess? Sprechen Sie uns an:
beitrag von Frank-Rüdiger Scheffler
Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter bei der Tiefenbacher Insolvenzverwaltung.
Telefon: +49 351 477 82 51