Was ist eigentlich ein Gläubigerausschuss?
In größeren und komplexen Insolvenzverfahren kann neben der einberufenen Gläubigerversammlung auch ein Gläubigerausschuss eingesetzt werden. Er fungiert als Interessenvertretung sowie Kontrollorgan der Gläubiger und ist mit Vertretern der zentralen Gläubigergruppen besetzt. Bestellt wird der Gläubigerausschuss von der Gläubigerversammlung in ihrer ersten Sitzung, dem sogenannten Berichtstermin.
Wie ist der Gläubigerausschuss zusammengesetzt?
Der Ausschuss besteht meist aus Vertretern der Arbeitnehmer, der Gläubiger mit den höchsten Forderungen und der Gläubiger, die sogenannte Sicherungsrechte an Vermögensgegenständen des Schuldnerunternehmens haben – etwa Kreditgeber. Bei der Zusammensetzung des Ausschusses wird in der Regel auf eine ungerade Personenanzahl geachtet, da dies bei Abstimmungen eindeutige Ergebnisse liefert. Zudem werden nach Möglichkeit Mitglieder berufen, die Wissen zu Insolvenzverfahren und passende Branchenexpertise besitzen.
Zentrale Aufgaben des Organs
Kernaufgabe des Gläubigerausschusses ist es, die Interessen der betroffenen Gläubigerinnen und Gläubiger zu vertreten. Dazu:
- unterstützen und überwachen die Mitglieder des Ausschusses Insolvenzverwalter oder Sachwalter und informieren sich regelmäßig über den wirtschaftlichen Stand des Unternehmens,
- haben den Zahlungsverkehr im Blick,
- müssen wichtige Verwertungsentscheidungen und Geschäfte genehmigen und
- können von Insolvenzverwalter oder Sachwalter Auskünfte und Informationen einholen.
Damit der Gläubigerausschuss seine Funktion zuverlässig erfüllen kann, sollte er über die Zahlen und Vorgänge im Unternehmen stets im Bilde sein. Werden beispielsweise Verwertungsentscheidungen nicht genau geprüft, hat auch der Gläubigerausschuss den Verlust an Insolvenzmasse mit zu verantworten. Die Mitglieder eines Gläubigerausschusses haften dabei persönlich. Für ihre Arbeit in dem Organ erhalten die berufenen Personen eine Vergütung nach Stundenaufwand. Den jeweiligen Satz legt das Insolvenzgericht fest.
Der vorläufige Gläubigerausschuss
Da die erste Gläubigerversammlung – und damit die mögliche Einberufung eines Gläubigerausschusses – erst nach Eröffnung des Verfahrens stattfindet, wird vorher oft ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt. Schließlich stehen bereits in den Monaten bis zur Verfahrenseröffnung wichtige Entscheidungen an. Überschreitet das insolvente Unternehmen bestimmte Schwellenwerte, ist das zuständige Gericht sogar verpflichtet, einen vorläufigen Ausschuss einzusetzen. Das ist der Fall, wenn mindestens zwei der folgenden Punkte zutreffen:
- Die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beträgt mehr als 50 Personen
- Der Umsatz lag vor der Insolvenz bei über 12 Millionen Euro
- Die Bilanzsumme betrug mindestens sechs Millionen Euro.
Auch bei kleineren Unternehmen kann das Insolvenzgericht nach Ermessen einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen. Zudem können Gläubiger, vorläufige Verwalter oder das insolvente Unternehmen selbst die Einsetzung eines solchen Ausschusses beantragen. Werden dabei geeignete Personen vorgeschlagen und ist deren Einverständniserklärung vorhanden, muss das Gericht solchen Anträgen in aller Regel stattgeben. Das Schuldner-Unternehmen kann bereits im Insolvenzantrag Personen für einen Gläubigerausschuss benennen und dessen Bildung anregen.
Gestaltungsmöglichkeiten des vorläufigen Gläubigerausschusses
Der Einfluss des vorläufigen Gläubigerausschusses auf ein Verfahren ist groß. Er wird bei zentralen Fragen mit einbezogen und kann so schon vor der eigentlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Interessen der Gläubigerinnen und Gläubiger eintreten. Bei schwerwiegenden Entscheidungen müssen die Mitglieder des Organs dazu allerdings einstimmig votieren. Zu seinen Rechten gehören unter anderem:
- Benennung oder Abwahl eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder Sachwalters
- Ablehnen oder Stützen einer Eigenverwaltung
- Beendigung eines Schutzschirmverfahrens
Sie möchten mehr über den Gläubigerausschuss oder ein anderes Organ und seine jeweilige Rolle in einer Insolvenz erfahren? Fragen Sie unseren Experten!
beitrag von Dr. Nils Freudenberg
Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter bei der Tiefenbacher Insolvenzverwaltung.
Telefon: +49 351 477 82 28