Krise der Immobilienbranche

Immobilienmarkt unter Druck – was Unternehmen jetzt tun sollten

Auch der Immobiliensektor ist von den derzeitigen Krisen und Veränderungen betroffen. Egal, ob Projektentwicklung oder Immobilienverwaltung – Unternehmen müssen reagieren. Dazu gehört auch das rechtzeitige und angemessene Handeln bei einer internen Krise. Nicole Riedemann, Rechtsanwältin und Partnerin bei ECKERT, gibt essenzielle Tipps.

  1. Herausforderungen erkennen

Nach Jahren optimaler Bedingungen für die Immobilienbranche sind laufende und neue Finanzierungen durch die Zinswende aktuell in Gefahr. Der Markt ist angespannt. Es sind aufgrund der Zurückhaltung der Finanzinvestoren weniger Verkäufe zu verzeichnen; die Preise für Immobilien stehen unter Druck. Dies ist aber nur die Spitze des Eisberges: Auch das Thema Nachhaltigkeit müssen Immobilienunternehmen als wesentliche Komponente im Fokus haben. Denn hier sind die Finanzierer ebenfalls sensibilisiert und gehen teils so weit, nur noch Projekte zu finanzieren, die den ESG-Kriterien entsprechen. Aus Erwerbersicht steigt damit zwar die Attraktivität – nicht zuletzt auch wegen des positiven Einflusses auf den Verkehrswert des Gebäudes und die Planungssicherheit. Für den Entwickler und Betreiber verursachen die ESG-Kriterien aber bei der Umsetzung oft erhebliche weitere Kosten, für die mitunter keine Rücklage gebildet wurde.

Hieraus leitet sich der Finanzierungsdruck auf der Suche nach Zwischen- beziehungsweise Nachfinanzierungen in vielen Projektgesellschaften ab. Banken sind durch die EU-Regulatorik dazu angehalten, immer stärker energieeffiziente Gebäude und Projekte zu finanzieren. Nicht selten erhalten Entwickler daher bereits Finanzierungsabsagen aufgrund interner Vorgaben der Bankhäuser in Bezug auf eigene Risikovorgaben.

Ein dritter großer Themenkomplex im Bereich der Herausforderungen der Immobilienbranche sind die Punkte neue Arbeitsformen, Fachkräftemangel und Digitalisierung. Es werden beispielsweise immer weniger Bürogebäude und Verkaufsflächen benötigt, gerade im Bereich Retail. Vermieter werden diese Herausforderungen deutlich zu spüren bekommen. Daneben stehen Projektentwickler durch die hohen regulatorischen Anforderungen für Neubauten, fehlende Arbeitskräfte und hohe Baumaterialkosten unter Druck.

  1. Risikovorsorge betreiben

Wechselhafte Zeiten erfordern vor allem ein effektives und frühzeitiges Risikomanagement und eine stringente Finanzierungs- und Liquiditätsplanung. Lange hat die Immobilienbranche die sich bereits vor Monaten abzeichnenden Risikofaktoren ignoriert und nach dem Prinzip Hoffnung gearbeitet. Einzelne Player, die durch ihre Insolvenz in die Schlagzeilen geraten sind, belegen dies. Immobilienunternehmen sollten sich deshalb klar machen, wohin sich der Markt entwickelt und wo das eigene Geschäftsmodell und Portfolio besonders anfällig ist. Wichtig ist insbesondere, eine rollierende und nachhaltige Liquiditätsplanung über mindestens einen Jahreszeitraum aufzustellen und zu monitoren.

Drohen Liquiditätsengpässe, dann sollte rechtzeitig mit Finanzierern das Gespräch gesucht werden. Oft sind es mehrere über Intercreditoren-Vereinbarungen verbundene Gläubiger und Mezzanine-Darlehensgeber, mit denen dabei frühzeitig und transparent verhandelt werden sollte – zu Möglichkeiten eines Haircuts, einer Stundung oder auch ganz neuer Ansätze. Die formellen Anforderungen eines Standstills oder Ähnlichem müssen dabei beachtet werden. Die aktuell in einigen Teilen zu verzeichnenden sinkenden Immobilienpreise helfen dabei, die Banken beziehungsweise Finanzierer zu Kompromissen zu bewegen, wenn die Alternativlösung eine nachvollziehbare Exitstrategie darstellt. Ein schneller Abverkauf des Immobilienbestandes im Rahmen einer Insolvenz kann im Einzelfall gelingen, ist jedoch erfahrungsgemäß mit größeren Einbußen der Gläubiger verbunden.

  1. Auf Sanierungsinstrumente bauen

Häufen sich die Herausforderungen, sollte zur rechten Zeit Sanierungs- und insolvenzrechtliche Expertise eingeholt werden. Gerade sehr langfristige Verträge sollten in der Immobilienwirtschaft auf den Prüfstand gestellt werden: Sind sie formell und in ihren einzelnen Klauseln überhaupt noch gültig? Kann mit den Prüfungsergebnissen der Vertragspartner an den Verhandlungstisch geholt werden, um gegebenenfalls nötige Vertragsanpassungen zu erreichen? Auf diesem Wege kann es gelingen, dringend nötige Liquidität zu generieren oder einzusparen und aus langfristigen, nachteiligen Verträgen herauszukommen.

Muss sich das Immobilienunternehmen rein finanzseitig neu aufstellen, kann eine außergerichtliche Restrukturierung nach StaRUG eine Lösung sein. Ist eine umfassendere Sanierung des Unternehmens erforderlich – sind daher weitere gestalterische Maßnahmen außerhalb von Finanzinstrumenten notwendig –, lässt sich das Unternehmen nach entsprechender Vorprüfung mit dem Instrument des Schutzschirmverfahrens oder einer Insolvenz in Eigenverwaltung sanieren. Sollte sich der Vertragspartner gegen vorher verhandelte Vertragsanpassungen gesperrt haben, verbleiben die Sonderkündigungsrechte und Gestaltungsmöglichkeiten der Insolvenzordnung, sowohl in der Eigenverwaltung als auch im regulären Insolvenzverfahren.

Sie haben individuelle Fragen zum Thema? Dann wenden Sie sich gern an unsere Gastautorin.

 

Nicole Riedemann, Beitrag Krise Immobilienbranche

ihr direkter kontakt:

Nicole Riedemann

Rechtsanwältin, Partnerin bei ECKERT Rechtsanwälte

Tel.: +49 30 33 98 85 330

Mail: n.riedemann@eckert.law

www.eckert.law

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