Alternative Finanzierung für Händler und Produzenten
Corona hat den Wandel vieler Branchen beschleunigt und den Finanzierungsdruck auf Unternehmen weiter erhöht. Die Liquiditätssicherung ist gerade in Sondersituationen eine komplexe Angelegenheit. Allerdings gibt es Ansätze wie Asset Based Credit, die auch in Sanierungsszenarien greifen. Im Interview mit Carl-Jan von der Goltz, dem geschäftsführenden Gesellschafter des Finanzierungspartners Maturus Finance, und dem Produktverantwortlichen Lars Bresan erfahren Sie mehr über das Modell.
Mit Asset Based Credit kann beispielsweise ein werthaltiges Warenlager als Sicherheit für einen Überbrückungskredit genutzt werden. Wie kam es zur Entwicklung des Ansatzes?
Von der Goltz: Wir bekamen immer wieder Anfragen mittelständischer Unternehmer. Sie suchten eine flexible objektbasierte Finanzierungsmöglichkeit, die Maschinen, Anlagen und noch weitere Assetklassen zulässt. Mit Asset Based Credit sind wir diesen Bedürfnissen nachgekommen. Es ist beweglich in Sachen Laufzeit und bietet Spielraum, um Kreditsumme und Beleihungswert gemeinsam mit den Kunden festzulegen.
Bresan: Ganz konkret bieten wir Finanzierungsvolumina zwischen 250.000 und 3 Millionen Euro bei einer Laufzeit zwischen 6 und 24 Monaten an. Der Zinssatz liegt bei ca. 10 Prozent. Durch den Objektbezug eignet sich unser Ansatz besonders für mittelständische Händler und Produzenten mit Umsätzen ab 5 Millionen Euro. Sie können damit Wachstums- und Einkaufsfinanzierungen oder Überbrückungskredite realisieren, die gerade jetzt für viele Unternehmen eine Rolle spielen.
Und Ihr Modell ist im Gegensatz zu vielen klassischen Bankkrediten auch für Unternehmen in Sondersituationen geeignet.
Von der Goltz: Ja, denn Banken stellen aufgrund der strengen gesetzlichen Regulierungen fast ausschließlich auf eine gute Bonität der Betriebe ab. Wer hier kein Top-Rating aufweist, hat meist kaum Chancen auf einen Kredit. Bei Asset Based Credit gehen wir tiefer. Wir fragen, welche Werte ein Unternehmen eigentlich besitzt. Denn bei sehr vielen mittelständischen Produzenten und Händlern stehen im Betrieb vom Einkauf bis hin zur Produktion oder dem Verkauf eine ganze Reihe werthaltiger Objekte bereit. Oft schlummert hier viel ungenutztes Potenzial. In Situationen wie Restrukturierungen oder Sanierungen, wo Liquidität dringend benötigt wird, ist das eine große Chance!
Bleiben wir bei den Händlern. Diese Branche hat unter Corona und den darauffolgenden Restriktionen besonders gelitten. Wie sähe der Ablauf des Finanzierungsmodells hier aus?
Bresan: Hat ein Händler beispielsweise wertbeständige und sekundärmarktfähige Rohstoffe oder Handelsgüter in seinem Lager, kann er diese im Rahmen von Asset Based Credit zur Kredit-Besicherung einsetzen. Er stellt dazu eine unverbindliche Anfrage an uns und reicht gleich eine Warenbestandsliste mit ein. Binnen 48 Stunden erhält er darauf in der Regel ein indikatives Angebot. Der nächste Schritt sind ein persönliches Kennenlernen und die Warenbestandsanalyse vor Ort. Die Tauglichkeit und der letztliche Beleihungswert der Assets werden von uns transparent und zeitnah ermittelt. Dazu vernetzen wir uns unter anderem mit dem Warenwirtschaftssystem des Unternehmens und analysieren den Warenumschlag der letzten 6 bis 12 Monate. Das alles geht sehr schnell, sodass die Bereitstellung des Kredites durch unsere Partnerbank meist schon binnen zwei bis vier Wochen erfolgt.
Von der Goltz: Asset Based Credit kann man sich auch als eine Art Lagerfinanzierung Plus vorstellen. Denn Kunden können hier nicht nur Umlaufvermögen beleihen. Auch mobiles Anlagevermögen wie Maschinen- oder Fuhrparks sind als Sicherheiten möglich. Wichtig ist bei den Objekten jedoch, dass sie werthaltig, mobil und fungibel sind. Wie es beim Umlaufvermögen eben auch keine verderblichen Waren, unfertigen Produkte oder Einzelprodukte sein sollten. Als Kreditvermittler und Servicepartner stehen wir Mittelständlern hier natürlich bei allen spezifischen Fragen zur Seite.
Wie wirkt sich Corona auf den Finanzierungsbedarf der Mittelständler aus? Welche Rolle spielen alternative Finanzierungen?
Von der Goltz: Bereits vor der COVID-19-Krise befanden sich viele Branchen im Umbruch. Digitalisierung, Mobilitätswandel, Individualisierung von Produkten – um nur einige Faktoren zu nennen. Hinzu kamen Handelsspannungen und die sich abkühlende Weltkonjunktur. Entsprechend gestiegen war auch der Restrukturierungsbedarf bei vielen KMU. Corona hat all dies nun noch einmal verschärft und beschleunigt. In den nächsten Monaten werden deshalb wohl deutlich mehr Unternehmen in eine akute Krise geraten. Die klassischen Banken werden, der Erfahrung nach, diesen speziellen Finanzierungsbedarf jedoch nicht bedienen können.
Bresan: In der derzeitigen Ausnahmesituation müssen kleine und mittelständische Betriebe vor allem innovativ sein, um bestehen zu können. Technologien wie E-Commerce haben sich während Corona bewährt und werden von den Unternehmen nun sicher noch weiter ausgebaut. Um solche Investitionen zu stemmen, werden heute immer stärker auch alternative Modelle wie Asset Based Credit genutzt. Sie schließen dabei oft Lücken in der klassischen Finanzierung.
Gastbeitrag von der Maturus Finance GmbH
Die Maturus Finance GmbH unterstützt mittelständische Produzenten, die ihre Finanzierungsstruktur durch strategische Ergänzungen zur Bankverbindung ausbauen wollen. Finanzierungslösungen werden ab einem Volumen von 400.000 Euro und bis zu 15 Millionen Euro (Zeitwert der Maschinen) angeboten. Dies entspricht in der Regel Umsatzgrößen der Unternehmen von zirka fünf bis 250 Millionen Euro. Die Maturus Finance GmbH hat ihren Hauptsitz in Hamburg, Deutschland, und ist seit 2015 auch in Österreich vertreten.
Carl-Jan Von der Goltz; Geschäftsführender Gesellschafter Maturus Finance GmbH
Lars Bresan; Leiter Asset Based Credit Maturus Finance gmbH