Unternehmenskrisen früher und heute

Früher und heute: Unterschiede in der Krisenentwicklung

Laut ifo-Institut steht die deutsche Wirtschaft kurz vor einer Winter-Rezession. Die Inflation beschneidet das Kauf- und Konsumverhalten; Energiekosten nehmen Unternehmen und VerbraucherInnen weiter in die Mangel. Die wirtschaftliche Situation hierzulande schlägt sich auch in den Insolvenzzahlen nieder. Im September dieses Jahres waren die Insolvenzfälle gegenüber dem Vorjahresmonat laut IWH um 34 Prozent angestiegen; es wird sogar von kommenden Pleitewellen gesprochen. In einem derart volatilen Marktumfeld können Unternehmen schneller als früher in eine Krise geraten.

Krisenverläufe in wirtschaftlich ruhigen Zeiten

In wirtschaftlich ruhigeren Zeiten sind Unternehmenskrisen oft „hausgemacht“. Das bedeutet, sie sind häufig auf Entscheidungsfehler oder manchmal auch Missmanagement zurückzuführen. Je nach Branche und Wirtschaftslage hatten Geschäftsführende noch Handlungsspielräume – vorausgesetzt, dass die Krisenanzeichen rechtzeitig wahrgenommen wurden. Denn: Krisen bahnten sich oft schleichend an; schwache Warnsignale waren für Verantwortliche nicht immer erkennbar.

Mögliche Krisenursachen:

  • Mangelhafte Organisation und Planung
  • Fehlerhafte Einschätzung der Markt- und Nachfrage-Entwicklung
  • Falsche / keine Vorkehrungen bezüglich der benötigten technologischen Komponenten, der Rohstoffversorgung, des Standorts, der Kapitalausstattung, der Betriebsprozesse
  • Missachtung von Wettbewerbern und entsprechender Anpassung des Portfolios
  • Abhängigkeit von einzelnen Kunden oder Lieferanten
  • Mangelnde Kundenorientierung
  • Schlechtes Forderungsmanagement und demzufolge hohe Außenstände

Der Ablauf einer klassischen Unternehmenskrise lässt sich grob in drei Phasen unterteilen. Zuerst beginnt die strategische Krise, in der das Geschäftsmodell anfängt, am Markt nicht mehr tragfähig zu sein. Die Anzeichen hierfür sind allerdings oft schwer feststellbar, auch wenn in diesem Zeitraum noch viel Handlungsspielraum zum Entgegensteuern bliebe. In der nächsten Phase, der „Ergebniskrise“, brechen bereits Verkäufe und Umsätze ein, Verluste akkumulieren sich. Bei der letzten Stufe tritt die Liquiditätskrise ein. Zahlungsverpflichtungen können, als Folge einer längeren Entwicklung, nur noch bedingt oder gar nicht mehr erfüllt werden. Während sich eine Krisenlage früher also etwas langsamer und vorhersehbarer aufbaute, gibt es heute exogene Faktoren, die unmittelbar existenzbedrohend werden können und Handlungsspielräume von „heute auf morgen“ enorm einschränken.

Krise heute: Rasanter Verlauf

Ein zentraler Unterschied in der Krisenentwicklung im Vergleich von heute zu früher, ist die rasante Geschwindigkeit, mit der mittlerweile ein Unternehmen in eine Krisenlage geraten kann. Starke exogene Faktoren wirken seit Beginn der Corona-Pandemie auf das Unternehmertum ein. Eklatante Einbußen durch Lockdowns, beispielsweise im Einzelhandel sowie der Gastro- oder Tourismusbranche, konnten eine Geschäftsstrategie plötzlich angreifen – nahezu ohne Vorwarnung. Doch auch indirekt betroffene Betriebe wie etwa in der Elektro- oder Automobilindustrie leiden unter dem von der Krise hervorgerufenen Materialmangel; Produktionen müssen kurzerhand gedrosselt oder eingestellt werden, Kurzarbeit wurde oder wird vielerorts eingeführt. Selbst wenn benötigte Materialien bei Lieferanten vorhanden sind, können sie zeitweise aufgrund ausfallender Transportkapazitäten nicht geliefert werden.

Die Folgen des Ukraine-Kriegs bringen die Wirtschaft seit Jahresbeginn weiter aus dem Gleichgewicht. Angeschlagene Unternehmen, aber auch gesunde Betriebe, können seither durch Sanktionen sowie explodierte Gas- und Energiekosten in kürzester Zeit in die Enge getrieben werden. Auch der Fachkräftemangel beschneidet die Handlungsoptionen in diesem Kontext enorm. Eine Vielzahl exogener Faktoren wirkt auf die Wirtschaft ein. Ein „langsames Anbahnen“ einer Krise wird zunehmend von der Möglichkeit einer plötzlich eintretenden Gemengelage an existenzbedrohenden Umständen abgelöst.

Signale erkennen, Unterstützung holen

Die Grundlage einer Krisenfrüherkennung bildet die Unternehmens- und Liquiditätsplanung, welche wenigstens zwei Jahre vorausgeplant und momentan alle ein bis zwei Wochen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden sollte. Zusätzlich sollte die Entwicklung möglicher Risikofaktoren im Auge behalten werden. Verdichten sich die Krisensignale, ist ein Hinzuziehen von ExpertInnen, etwa aus den Bereichen der Unternehmens- und Steuerberatung, des Insolvenzrechts oder der Wirtschaftsprüfung, unbedingt ratsam um mögliche Handlungsoptionen zu prüfen.

Sie möchten wissen, welche Maßnahmen Sie zur frühen Krisenerkennung und -bewältigung in Ihrem Unternehmen ergreifen können? Wir beraten Sie gerne.

Simon Leopold

GASTBEITRAG VON SIMON LEOPOLD

Geschäftsführer

ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG

Mail: leopold@abg-partner.de

Mehr Informationen: https://abg-consulting.de/

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